Die RWE Power AG darf die Grundstücke eines Landwirts in Lützerath zur Gewinnung von Braunkohle im Tagebau Garzweiler abbaggern und die dafür erforderlichen Vorbereitungsmaßnahmen treffen.
Das Oberverwaltungsgericht hat heute die Beschwerden des Landwirts und zweier Mieter zurückgewiesen, die zuvor beim Verwaltungsgericht Aachen ebenfalls ohne Erfolg geblieben waren.
Der Landwirt und die Mieter von instandsetzungsbedürftigen Wohnhäusern auf dessen Hof hatten sich mit Eilanträgen gegen Beschlüsse der Bezirksregierung Arnsberg gewandt, mit denen die RWE Power AG vorzeitig in den Besitz der Grundstücke des Landwirts an der Abbruchkante des Tagebaus Garzweiler in Lützerath eingewiesen wurde.
Damit kann die RWE Power AG Vorbereitungsmaßnahmen wie Rodungen oder den Abriss von Gebäuden vornehmen und anschließend die Grundstücke zur Gewinnung von Braunkohle abbaggern. Die Besitzeinweisung greift der Enteignung des Landwirts (Grundabtretung) vor, mit der das Eigentum an den Grundstücken auf die RWE Power AG übergeht.
Zur Begründung seiner Beschlüsse hat der 21. Senat des Oberverwaltungsgerichts ausgeführt: Die von den Antragstellern mit ihren Beschwerden vorgebrachten Gründe bieten keine Veranlassung, die Eilbeschlüsse des Verwaltungsgerichts Aachen zu ändern. In großen Teilen setzen sie sich schon nicht konkret genug mit der Begründung der Eilbeschlüsse auseinander. Das Verwaltungsgericht hat ausführlich dargelegt, dass die geltende energiepolitische Grundentscheidung zugunsten der Braunkohleförderung und -verstromung mit dem verfassungsrechtlichen Klimaschutzgebot vereinbar ist und dass die Gesamtabwägung der von dem Braunkohletagebau betroffenen Belange durch die Bezirksregierung Arnsberg, auch was den Klimaschutz betrifft, nicht zu beanstanden ist. Auf diese Ausführungen in den Eilbeschlüssen geht der sehr umfangreiche Vortrag in den Beschwerden zum Klimaschutz, den Klimazielen des Pariser Übereinkommens und dem sogenannten Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 nicht genügend ein. Die Antragsteller zeigen dementsprechend nicht auf, dass die Prüfung des Verwaltungsgerichts rechtsfehlerhaft ist. Weitgehend betrifft der Vortrag eher klimapolitische Forderungen, die im geltenden Recht keine Grundlage haben und an den Gesetzgeber zu richten wären. Insbesondere zeigen die Antragsteller nicht auf, dass sich aus dem Klimabeschluss ein sofortiges Ende der Braunkohleförderung und ‑verstromung ableiten lässt. Die vom Bundesverfassungsgericht geforderten gesetzlichen Festlegungen zur Verteilung eines nationalen CO2-Restbudgets fehlen noch weitgehend; bereits geschaffene Regelungsansätze werden in den Beschwerden ausgeblendet. Angesichts dessen legen die Antragsteller nicht substantiiert dar, dass die Bezirksregierung Arnsberg hier nach einem selbstgewählten Verteilungsmaßstab hätte prüfen müssen, wie sich die CO2-Emissionen des Braunkohletagebaus zu dem nationalen Restbudget verhalten.
Aus der Beschwerde des Landwirts ergibt sich auch nicht, dass es alternative Tagebauführungen zur „Verschonung“ seiner Grundstücke gibt, die ohne den Entzug anderen privaten Grundeigentums auskommen und deshalb ein milderes Mittel darstellen. Darauf, ob die Braunkohle unter seinen Grundstücken für die Energieversorgung unverzichtbar ist, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Grundabtretungen nicht an.
Die – für eine Besitzeinweisung erforderliche – Dringlichkeit der Fortführung des Tagebaus ergibt sich jedenfalls daraus, dass zwei Braunkohlekraftwerke „just-in-time“ mit Kohle aus dem Tagebau versorgt werden. Eine (Ersatz-)Versorgung aus dem Braunkohletagebau Hambach ließe sich, wenn überhaupt, nicht ohne größeren Aufwand realisieren. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Stromversorgung in NRW oder in Deutschland in Gefahr gerät, wenn die Braunkohleversorgung der Kraftwerke aus dem Tagebau Garzweiler ausbleibt. Für eine Besitzeinweisung reicht es aus, dass die Versorgung des Energiemarkts mit Braunkohle gefährdet ist.