Der erste Tag im Prozess gegen den früheren Reemtsma-Entführer Thomas Drach und seinen mutmaßlichen Mit-Täter Eugen W. ist mit einem enormen Medieninteresse zu Ende gegangen. Alexander Franz, der als Gerichtsreporter vor Ort war, berichtet von intensiven Sicherheitsüberprüfungen und einer erheblichen Verzögerung des Prozessstarts.
Bereits um 7:30 Uhr versammelten sich etwa 70 Medienvertreter im und rund um das Kölner Landgericht, um vom Prozessauftakt zu berichten. Gegen 8:20 Uhr erreichte eine Kolonne von drei schwarzen Limousinen den Hof des Gerichtsgebäudes, in denen sich der schwerstkriminell eingestufte Thomas Drach befand. Ursprünglich war seine Anreise per Hubschrauber aus der JVA Ossendorf geplant, was jedoch aufgrund schlechter Wetterbedingungen abgesagt werden musste.
Im Gerichtsgebäude fanden Interviews mit den Anwälten der Verteidigung statt. Andreas Kerkhof, einer der Verteidiger, stellte gegenüber dem ZDF klar, dass die Anklage lediglich auf Indizien beruhe. „Wäre der Lebenslauf meines Mandanten anders, müsste er sich hier nicht verantworten“, so Kerkhof.
Obwohl der Prozess ursprünglich für 9:15 Uhr angesetzt war, führte das massive Medienaufkommen zu einer Verzögerung von anderthalb Stunden. Die Sicherheitsvorkehrungen waren vergleichbar mit denen bei einem Staatsbesuch. Der Zugang zum Gerichtssaal 112 erforderte das Passieren zweier Sicherheitskontrollen.
Als Thomas Drach um 10:30 Uhr den Gerichtssaal betrat, wirkte er gelassen und unbeeindruckt von der Medienpräsenz. Er begrüßte seine Anwälte mit der „Coronafaust“ und ignorierte die anwesenden Journalisten weitestgehend. Kurz hob er die Hand zur Begrüßung seines Mitangeklagten Eugen W., der von Rechtsanwalt Wolfgang Heer vertreten wird. Drach selbst wird von Andreas Kerkhof und Dirk Kruse verteidigt.
Richter Dr. Jörg Michael Bren betrat um 10:38 Uhr den Saal, woraufhin alle Fotografen und Kamerateams den Raum verlassen mussten. Die Hauptverhandlung wurde eröffnet, jedoch schnell von Rechtsanwalt Heer unterbrochen, der auf akustische Probleme im Saal hinwies. Zudem beantragte er eine Unterbrechung, da sein Mandant über Kopfschmerzen klagte. Zusätzlich wurde die Bitte geäußert, die Fenster zu öffnen oder den Saal zu lüften, um den Coronaschutzbestimmungen gerecht zu werden. Die Verhandlung wurde daraufhin bis 11:10 Uhr pausiert.
Die Angeklagten kehrten kurz vor Mittag in den Gerichtssaal zurück. Eugen W. tauschte seine medizinische Maske gegen eine FFP2-Maske und konsultierte seinen Anwalt. Auf die Nachfrage des Richters zu seinem Befinden antwortete Heer, dass sein Mandant nicht direkt mit dem Richter sprechen werde, es ihm aber besser gehe.
In der Folge versuchten die Verteidiger, verschiedene Anträge zu stellen, darunter auch die Aussetzung der Hauptverhandlung. Richter Dr. Bern wies diese Anträge jedoch zurück und erklärte, sie könnten zu einem späteren Zeitpunkt vorgebracht werden. Drach selbst äußerte den Wunsch, Strafantrag gegen die Staatsanwaltschaft wegen Urkundenfälschung zu stellen, was laut Richter Dr. Bern jedoch in den Zuständigkeitsbereich der Polizei falle.
Die Staatsanwaltschaft, vertreten durch Sabrina Heimers und Anja Heimig, begann kurz nach zwölf Uhr mit dem Verlesen der Anklageschrift. Thomas Drach wird beschuldigt, zwischen 2018 und 2019 vier Geldtransporter in Limburg, Frankfurt und Köln überfallen zu haben. Dabei soll er teilweise ein Sturmgewehr AK-47, teilweise einen Revolver verwendet haben. Bei zwei Überfällen habe er auf die Mitarbeiter der Sicherheitsfirmen geschossen und sie lebensgefährlich verletzt. Ein Schuss traf sogar ein vorbeifahrendes Auto, verfehlte jedoch glücklicherweise ein Kind. Die Beute belief sich auf Beträge zwischen 400 und 89.850 Euro. Die Beschuldigten sollen gestohlene Autos für die Überfälle genutzt und diese anschließend angezündet haben. Thomas Drach wurde schließlich im Februar 2021 in den Niederlanden verhaftet.
Der Prozess, der unter enormen öffentlichen und medialen Interesse steht, wird in den kommenden Wochen fortgesetzt. Es bleiben zahlreiche Fragen offen, die im weiteren Verlauf der Verhandlungen beantwortet werden müssen.